Familienzuwachs geplant oder auf dem Weg?
Worauf du bei der Planung achten solltest, wann welche Schritte sinnvoll sind und wie du entspannter durch die Zeit kommst: Wir geben dir Fakten, hilfreiche Links und sensibilisieren dich für eventuelle Probleme im Hinblick auf Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit.
Neben der Klärung allgemeiner Fragen konzentrieren wir uns darauf, dich in deinem Vorhaben zu bestärken und dir Sorgen zu nehmen. In diesem Beitrag klären wir u. a. folgende Fragen:
- Wie, Wo und Wann kann ich Elterngeld beantragen?
- Wie hoch wird mein Anspruch auf Elterngeld sein?
- Wo kann ich mich beraten und unterstützen lassen?
- Darf ich während der Elternzeit und des Bezugszeitraums arbeiten?
Und vor allem:
- Wie kann ich Stress vor, während und nach der Geburt des Kindes vermeiden?
- Welche Vorteile habe ich als freiberuflicher Elternteil?
Zwar richten sich die meisten Ratgeber, Beiträge und Infomaterial an werdende Mütter, doch auch als werdender Vater hast du die gleichen Rechte, wenn es um finanzielle und soziale Unterstützung geht. Und das zu Recht.
Auch innerhalb des Freelancer Lab gibt´s Eltern, die den Weg bereits hinter sich haben.
Wir wollen die Erfahrungen mit dir teilen und verraten, was Soloselbstständige wissen sollten, um Beruf & Familie besser zu vereinbaren.
Wann, Wie & Wo kann ich Elterngeld beantragen?
Ist das Kind erst in Planung oder auf dem Weg? Dann entspann dich. Das Elterngeld kann frühestens am Tag der Geburt und spätestens 3 Monate danach rückwirkend beantragt werden.
Selbstständige benötigen in der Regel den letzten Steuerbescheid zur Beantragung und Berechnung des Elterngeldes. Zudem eigene Angaben über Arbeitszeiten vor und während der Zeit, in der Elterngeld bezogen wird.
Für Freelancer*innen gibt es diverse Services und Infosmaterial, wie z.B. über elterngeld.net. Hier bekommst du gegen Gebühr Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen und der Berechnung des dir zustehenden Betrages.
Zudem werden Informationen, FAQ´s und weitere Beratungen von offizielle Stellen, wie der des Zentrums Bayern Familie und Soziales, angeboten. Hier kannst du dich beraten lassen, eine Checkliste benötigter Unterlagen für den Antrag erhalten und schließlich den Antrag selbst online stellen.
Mit wieviel Elterngeld kann ich rechnen?
Grundsätzlich orientiert sich das Elterngeld an Nettoeinkommen und Bemessungszeitraum der letzten 12 Monate vor der Geburt. Je nach Höhe des monatlichen Nettoeinkommens bewegt sich der prozentuale Anteil zwischen 65 % und 67 %.
Bei Anspruch auf Elterngeld kannst du monatlich mit mindestens 300 € und maximal 1800 € rechnen. Letzterer Betrag ergibt sich aus der sogenannten „Kappungsgrenze“ von 2770 €, unabhängig davon, ob du ein höheres Nettoeinkommen vorweisen kannst.
Freiberufler*innen können finanzielle Unterstützung von zwei bis zu 12 Monaten erhalten. Die Zahlungen können im genannten Zeitraum auch unterbrochen und zwischen zwei Partner*innen geteilt sowie auf 14 Monate verlängert werden. Alleinerziehende können die Elterngeldzahlungen ebenfalls für 14 Monate beantragen.
Beim ElterngeldPlus ist der Zeitraum auch auf 24 Monate verlängerbar und vor allem für Partnerschaften interessant.
Die Homepage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet einen Elterngeldrechner an und versorgt dich hierzu mit weiterem Informationsmaterial.
Wie bereite ich mich am besten als Freelancer*in auf die Elternzeit vor?
Eines vorneweg: Entspann dich. Denn egal, wie viel du planst und vorhast: Ist der kleine Mensch erstmal da, kommt das meiste eh anders als du dir vorgestellt hast.
Zur Orientierung geben wir dir trotzdem nützliche Tipps, um optimal in die Elternzeit zu kommen und diese voll auszuschöpfen.
Vor der Geburt…
Einen Gang zurückschalten.
Je nachdem, wie die Schwangerschaft verläuft, solltest du auf Stress und große Anstrengungen verzichten. Spätestens, wenn der sogenannte Nestbautrieb beginnt, steht das Baby im Mittelpunkt und beansprucht neben Zeit auch Aufmerksamkeit.
Das häufig bei Schwangerschaften vorkommende Phänomen äußert sich u. a. im verstärkten Bedürfnis, sich detailliert auf die Ankunft des Babys vorzubereiten – von kleinen Dingen wie Schnullern bis hin zu Großprojekten wie der Einrichtung des Kinderzimmers.
Im Angestelltenverhältnis gilt die Mutterschutzfrist, wonach Schwangere 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt nicht beschäftigt werden dürfen. Für Schwangere in Selbstständigkeit gilt das Gesetz nicht. Dennoch ist es möglich, unter bestimmten Voraussetzungen bei deiner Krankenkasse ein sogenanntes „Mutterschaftsgeld“ zu beantragen und zu erhalten.
Bist du in der freiwilligen Krankenversicherung, ist die Zuwendung an das Krankengeld gekoppelt. So erhältst du – wie im Krankheitsfall auch – bei gegebenem Anspruch rund 70 % deines Durchschnittseinkommens als Mutterschaftsgeld.
Für mehr Klarheit und Planungssicherheit informiere dich eingehend bei deiner Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung. Je nach Tarif, Vertrag und gezahlten Beiträgen hast du ggf. Anspruch auf finanzielle Unterstützung in Form von Krankengeld-Tagessätzen.
Was du außerdem tun kannst:
- Kümmere dich um (d)eine passende Elternzeitvertretung
(Tipp: Einen geeigneten Work-Buddy innerhalb der Freelancer Lab Community kannst du schon vorher finden & kennenlernen)
- Kundinnen rechtzeitig über Pausen und Ausfallzeiten informieren Abwesenheitsnotiz einrichten & Hinweise auf deiner Website veröffentlichen
- Bei Bedarf Social Media Beiträge im Voraus planen und nach Möglichkeit automatisiert posten (Tipp: mit Later geht’s fix & simpel)
- Finanzen checken, Einsparpotenzial identifizieren und Ausgaben anpassen
- Sich um die Kinderbetreuung kümmern (Ja, schon jetzt. Wir sind in Deutschland…)
- Bürokratisches vorbereiten: Krankenversicherung für das Kind Elterngeld-Antrag schon mal ausfüllen
- Kindergeld- und Bayerisches Familiengeld-Antrag Dokumente für die Beantragung der Geburtsurkunde beim Standesamt
Wenn es so weit ist…
Kommunikation ist alles – vor allem in Partnerschaften. Um zwischenmenschlichen Stress und Spannungen zu reduzieren, klärt Fragen wie:
- Wer kann/möchte wie oft auf das Kind aufpassen?
- Was muss gemacht und wer macht was?
- Wann kann ich ein paar Stunden für mich haben?
Du musst nicht alles können und tun – Lass dir von Familie & Freund*innen helfen
Frag angehende Großeltern, Tanten, Onkel, Freunde etc. nach Unterstützung. Möglichkeiten, außenstehende Hilfe anzunehmen: Spazierengehen, Babysitten, Einkäufe erledigen, Unterstützung im Haushalt oder einfach zubereitetes Essen mitbringen lassen. Alltägliche Entlastungen sind vor allem in den ersten Wochen wichtig, bis sich Routinen einspielen und gesunde Dynamiken entwickeln können.
Frage bei Unsicherheiten Vertraute, Kinderärzt*innen, Geburtshelfende oder deine eigenen Eltern. Mach dir dabei bewusst: Erziehungsstile und Gesellschaftsprozesse sind ständig im Wandel. Erziehungstipps, die Jahrzehnte alt sind, könnten überholt sein. Du kennst deine Bedürfnisse und die deiner Familie am besten.
Kombiniere Routinen mit Inspirationen
Vor allem für Freelancer*innen mit Kindern spielt Work-Life-Blending eine große Rolle. Neue Aufgaben, neuer Rhythmus und neue Bedürfnisse erfordern eine Neujustierung bestehender Gewohnheiten. Dein Workflow kann sich dadurch ändern.
Gerade beim täglichen Spaziergang oder während der Beaufsichtigung können gute Ideen für dein Business entstehen. Wenn du eine gute Idee hast: fixieren und im Nachgang vertiefen!
Am besten eignet sich hier eine Liste oder Textdatei auf dem Handy, um die Ideen direkt aufschreiben zu können. Dann verlierst du den Gedanken nicht, die Idee kann in Ruhe reifen und zu einem Blogartikel oder Content weiterentwickelt werden.
Es auch mal gut sein lassen…
Du hast gerade einen Menschen auf die Welt gebracht und das ist einfach wahnsinnig, sei stolz auf dich! Drum:
- Genieße die Zeit mit deinem Kind, wo es geht
- Lass den Haushalt auch mal liegen. Er rennt ja (leider) nicht weg
- Wenn es finanziell geht: Nimm nicht jede Projektanfrage an
- Eine Woche ohne Social Media Posts ist auch halb so schlimm
Einfach nur müde … oder mutlos & leer?
Ein Kind zu bekommen und zu versorgen, ermüdet. True story!
Doch frage dich bewusst, ob du „nur“ erschöpft bist oder auch unerklärlich traurig, schwer und leer zugleich?
Der Hormon-Umschwung nach einer Geburt ist nicht zu unterschätzen. Erhole dich, lass es dir im Wochenbett gutgehen und achte auf deine Bedürfnisse. Auch noch Wochen nach der Geburt!
Wenn du keinerlei Motivation verspürst und sich alles schwerfällig anfühlt, sprich deine Hebamme an oder melde dich bei der Hebammenkoordinationsstelle und hol dir Hilfe. Du bist nicht allein.
Freelancende Eltern: Chancen & Benefits
Zwar kann sich ein Angestelltenverhältnis positiv auf Planung und Sicherheit während der Elternzeit auswirken, doch haben freiberufliche Eltern(-teile) demgegenüber auch Vorteile.
Freiheit – Arbeite, wenn du möchtest. Ruhe, wenn du es brauchst
In einem angestellten Arbeitsverhältnis darfst du innerhalb der Elternzeit nicht arbeiten. Als Selbstständige*r kannst du selbst entscheiden. Es ist verständlich, wenn du möglichst schnell wieder in den Beruf zurückkehren möchtest oder dir eine lange Elternzeit einfach nicht leisten kannst.
Vor allem Freelancer*innen sind auf eine zuverlässige Kundenbindung angewiesen. Haben sich ein eigenes Business aufgebaut & wollen Bestandskundinnen halten und zufriedenstellen. Ein komplettes Jahr zu pausieren, kommt für einige von uns daher nicht in Frage.
Zu groß die Gefahr, das Aufgebaute sowie den Anschluss zu verlieren und wieder neu anfangen zu müssen. Die gute Nachricht: Du darfst als Selbstständige*r auch während der Elternzeit arbeiten und trotzdem Elterngeld beziehen.
Achte aber darauf, dass du maximal 30 Arbeitsstunden/Woche nicht überschreitest, sonst konterkarierst du deinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Und du mutest dir zu viel zu.
Zudem erhält der Begriff der freien Zeiteinteilung mit Kind noch einmal eine neue Bedeutung. Deine zeitliche Flexibilität als freiberuflicher Elternteil lässt sich auch auf dein Kind übertragen.
So kannst du flexibel auf die Bedürfnisse und Krankheitstage deines Kindes reagieren, KiTa-Angelegenheiten und Arztbesuche passend organisieren.
Du warst bis jetzt nur nebenbei selbstständig? Super! Dann nutze die Elternzeit, um dein Unternehmen voranzubringen und richtig loszulegen, sobald es deine Lebensumstände zulassen. Gerade in dieser Zeit kannst du deine Selbstständigkeit relativ sicher ausprobieren – sofern es dir mit Kind möglich ist.
Persönliches Wachstum
Als selbstständiger Elternteil kannst du gerade in der Elternzeit dazulernen und deine Soft Skills ausbauen. Du erlernst neue Fähigkeiten, wovon du auch über die Elternzeit hinaus profitierst.
Gerade angehende Eltern justieren sich neu und erfahren sozusagen ein „Update“ ihrer Fähigkeiten in Bezug auf:
- Geduld
- Projektmanagement
- Stressresistenz
- Kompromissbereitschaft
- Selbstakzeptanz, denn Perfektionismus bringt dich hier nicht weiter
Hard Skills wie technisches und fachliches Know-How kannst du jederzeit nachholen. Nutze deine Elternzeit, um persönlich zu wachsen.
Zudem bist du für dein Kind ein Vorbild, wenn es dich beim Arbeiten beobachten kann. Vor allem als Mutter widersprichst du damit dem Klischee eine Hausfrau zu sein und dein Kind lernt von Anfang an, wie selbstverständlich Gleichberechtigung sein kann.
So profitierst du als Elternteil von der Freelancing Community
Elternsein und Freiberuf. Jedes für sich birgt schon große Verantwortung und beansprucht Zeit und Aufmerksamkeit.
Dann das Ganze auch noch gleichzeitig UND in Vollzeit? Muss nicht, darf nicht, funktioniert nicht!
Beides sind gleichwertige Aufgaben, für die man eine Balance finden muss. Nutze auch hier soziale Ressourcen, um für dich und deine Familie optimale Rahmenbedingungen zu schaffen.
Verbinde dich mit anderen freiberuflichen Eltern, um dich auszutauschen und Tipps zu bekommen.
Doch vor allem zum Thema „Kinder, Familie und Beruf“ sind viele Blickwinkel und Meinungen zu finden. Hol dir Ratschläge, aber nimm dir nicht alles zu Herzen. Du kennst deine Bedürfnisse am besten.
UND: Recherchiere nicht zu viel in Eltern-Foren, denn dort herrscht oft ein sehr intoleranter Ton!
Die Entscheidung für oder gegen ein Kind sollte nicht (allein) von deiner beruflichen Situation abhängen. Dennoch verstehen wir es sehr gut, dass besonders Soloselbstständige ordentlich Respekt vor der Entscheidung haben.
Als Angestellte*r ist die Gesetzeslage klarer, Planbarkeit eher zu erreichen und finanzielle Sorgen scheinen kleiner. Dennoch möchten wir dich ermuntern und unterstützen, wenn du dich für die Familiengründung entscheidest. Auch als Freelancer*in hast du Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung in Form von Elterngeld zu beantragen und zu erhalten − unabhängig davon, ob du Vater oder Mutter wirst.
Weiterführende regionale Angebote und nützliche Links:
Die Stadt Nürnberg hat viele kostenlose Elternberatungsstellen, z.B.:
Koberger Zentrum (Sehr fundierte und nützliche Schlafberatung)
Zudem: Gesetzlich haben es Schwangere, die selbstständig sind, schwerer. Du möchtest das ändern? Sei Teil der Petition: Schwanger und selbstständig: Es braucht endlich eine Reform des Mutterschutzes!
Buch-Tipp: André Hennen: „Kunst, Kommerz und Kinderkriegen“
Interessante Perspektive, nicht nur für Kreative: Auch die Gründung und das Management einer Familie ist ein ebenbürtiges Arbeitssystem zu Festanstellung oder Freelancing und weist erstaunlich viele Parallelen dazu auf.